Innere Hebriden

Schottland: Die Arran-Insel und zwei Inseln der inneren Hebriden, Islay und Mull im August

Feasgar math (Gaelisch: Guten Tag)

Drei haben wir schon geschafft, drei der vielen, vielen schottischen Inseln (es sind insgesamt fast 800 Inseln). Gleich vom Flughafen Prestwick bei Glasgow ging es nach Arran, der “Schottland en miniature”-Insel. Auf Radwegen (National Cycle Route Nr. 7) und bei strahlendem Sonnenschein – Radlerherz, was willst du mehr?

Auf der National Cycle Route 7 in Schottland, einem von ca. 3.300 km ausgewiesener Radwege
Auf der National Cycle Route 7 in Schottland, einem von ca. 3.300 km ausgewiesener Radwege

Die Inseln in Schottland geben sich ganz anders als Vietnam. Was für Unterschiede zu unserer letzten Tour im November, als wir Vietnam mit dem Rad bereisten. Kaum Menschen, dafür Schafe en masse, wenige Autos, die ohne zu hupen Platz machen und mit einem freundlichen Winken grüssen. Wenn wir uns ein schönes Plätzchen zum Picknicken suchen, kommen keine Frauen gelaufen, die uns sofort etwas verkaufen wollen. Wir können völlig unbeobachtet essen und es wundert sich niemand, wie wir Bananen zu uns nehmen. Wirklich, es ist ganz anders als Vietnam.

Blick auf Holy Island von der Insel Arran in Schottland
Blick auf Holy Island von der Insel Arran in Schottland

Auch wettermässig, wo wir schon beim schottischen Lieblingsthema sind. So etwas abwechslungsreiches kennen wir nur aus Neuseeland. Allerdings dürfen wir uns nicht beklagen. In einer Woche hatten wir jetzt drei reine Sonnentage, das ist nicht schlecht. Dafür sind wir gestern im Zelt gesessen und haben bewundernd die Qualität unseres transportablen Unterschlupfes kennengelernt, der sturmgepeitscht das ganze herabströmende Wasser von uns fernhielt.

Auf der Insel Arran ist es wie überall in Schottland, viele Schafe auf der Straße, aber dafür kaum Autos
Auf der Insel Arran ist es wie überall in Schottland, viele Schafe auf der Straße, aber dafür kaum Autos

Auch unsere Packtaschen sind weniger gefüllt als gewohnt, da wir alle mitgebrachten Kleider tragen, und sie nicht sinnlos weggepackt durch die Gegend radeln. Dadurch haben wir mehr Stauraum für den Whisky (ohne E, weil es schottischer Whisky ist), den wir nach der Besichtigung einer Destillerie unbedingt kaufen mussten.

Die Führung durch die Destillerie von Bowmore führt uns auch in den Keller zu den Whisky-Fässern.
Die Führung durch die Destillerie von Bowmore führt uns auch in den Keller zu den Whisky-Fässern.

Wir segelten von Arran rüber zu Islay, auf die Whisky-Insel. Dort gibt es Torf im Überfluss, dem der Single Malt Whisky seinen unverwechselbaren Duft und Geschmack verdankt. Die geführte Tour durch die Distillery ist mit £2 fast geschenkt, damit wir noch Geld übrig haben für das sündhaft teure Gesöff. Aber schliesslich müssen wir für das Überleben der (auf Islay gibt es alleine sieben Stück) Distilleries sorgen.

Schottland Dudelsack-Spieler mit roter Krawatte
Dudelsackmusik an allen Ecken und Enden

Das nächste Ziel war Oban auf dem Festland, das Tor zu den weiteren Schottischen Inseln sozusagen. Zufällig, Glück muss man haben, gab es gerade einen Tag nach unserer Ankunft das “Argyll Gathering”, die Highland Games, auf Deutsch Hochlandspiele. Den ganzen Tag gibt es Dudelsackwettbewerbe, Stein- und Baumstammwerfen und schottische Folkloretänze. Als wir abends im Zelt saßen, klingelten unsere Ohren noch immer von der Dudelsackmusik und wir hatten das Gefühl, die ganzen Teilnehmer hätten sich hinter unserem Zelt versteckt.

Mann mit Kilt tanzt schottischen Tanz
Auch soft skills gibt es bei den Highland Games, und zwar der schottische Tanz

Die Insel Mull hat uns dann zwei Tage voll und ganz beschäftigt. Am ersten Tag radelten wir von Craignure nach Tobermory, ca. 50 km gegen sturmartigen Wind mit einer Stärke von schätzungsweise acht auf unserer eigenen Windskala. Selbst die Fähre, die neben uns her durch den Sound of Mull fuhr, hatte Mühe, voran zu kommen. Wir radelten mit einem permanenten Grinsen auf unseren Lippen. Aber nicht, weil wir es so lustig fanden, sondern weil uns der Gegenwind beständig die Mundwinkel nach hinten zog.

Auf einer kleinen Farm abseits gelegen fanden wir ein idyllisches Plätzchen für die Nacht. Beim Anblick des gurgelnden Bächleins hinter unserem Zelt wussten wir wieder, warum wir inklusive Zeltausrüstung 50 kg schwere Räder durch die Gegend bewegen.

Schottland, Insel Mull, berghoch mit dem Fahrrad
Auf Mull geht es ständig den Berg rauf und runter, besonders lustig, wenn man mit dem Rad unterwegs ist.

Dieses Gewicht sollte uns aber am zweiten Tag auf Mull alles abverlangen. Zu einer Tagesetappe von 80 km gesellten sich noch 986 Höhenmeter dazu. Und das, obwohl der höchste Punkt “nur” bei 175 m lag. Die Landschaft war einfach sagenhaft, wild, rauh und menschenleer. Auf der kleinen einspurigen Strasse waren kaum Autos unterwegs, wir hatten die wilde Schönheit ganz für uns alleine. Vielleicht waren selbst den Autos die Steigungen von bis zu 14 % zuviel.

Nach einer atemberaubenden Küstenlandschaft bei teilweise strahlender Sonne (bedenke, der nächste Schauer lauert schon um die Ecke) und 50 km in den Knochen, ging es uns plötzlich nicht mehr so gut. Der nächste Anstieg wartetete schon fröhlich winkend auf uns und liess uns das Lächeln auf dem Gesicht erstarren. Wir waren einfach am Ende unserer Kräfte. Und immer und immer wieder verloren wir die gewonnene Höhe innerhalb von Sekunden, weil unsere schweren Räder erbarmungslos nach unten rollten. Dann wieder der nächste Aufstieg. Ächz!

Stadtansicht von Tobermory, dem Hauptort der Insel Mull
Stadtansicht von Tobermory, dem Hauptort der Insel Mull

In diesen Momenten kommt unweigerlich die Frage hoch, warum wir das eigentlich machen. Immerhin wurde vor langer Zeit schon das Auto erfunden. Warum müssen wir eine solch bergige Ecke unbedingt mit dem Rad bewältigen? Und andere Gedanken kommen dazu bei dem anstrengenden Pedallieren. Wieso überhaupt Reisen? Meine Grossmutter betont doch immer wieder, dass es auch zuhause schön ist. Und die Tage zuhause im Büro, schön abgeschirmt von Wind und Wetter und einem Gegenwind von null ist doch auch nicht zu verachten.

Dann rufen wir uns aber gegenseitig die Aussagen unserer Radreisebekanntschaften ins Gedächtnis, um uns aufzumuntern. Da hat doch Oli aus Deutschland gemeint, man wäre doch den ganzen Tag an der frischen Luft und würde nicht hundemüde werden, wie es einem im Auto oft passiert. Oder Wim aus den Niederlanden, der berichtete, bei der dritten Sehenswürdigkeit mit dem Auto angesteuert hätte er nicht mal mehr Lust, auszusteigen. Beide, Oli und Wim, hatten wir auf unserer Weltreise in Neuseeland kennengelernt.

Heute geht die Fähre nach Barra, dem südlichsten Zipfel der äusseren Hebriden. Die ersten drei Inseln sind flach wie ein Tablett. Na dann können wir ja kommen.

Mar sin leat (Ciao auf Gaelisch)!

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