Hue-Nha Trang

Hallo,
es geht doch, das Radfahren in Vietnam. Auch wenn wir keine anderen radelnden „Langnasen“ treffen auf dem National Highway 1 zwischen Hue und Nha Trang auf mehr als 700 Kilometern Länge und wir weiterhin als Weltwunder Nr. 13 bestaunt werden, geht es einfacher als gedacht. Ein Belag wie geschaffen zum Radeln, der meistens mit asphaltiertem Seitenstreifen versehen ist. Den brauchen wir auch, um den ungekrönten Herrschern der Straße, den LKW’s, Bussen und Jeeps, die hupend alles niedermähen, das sich ihnen in den Weg stellt, zu entgehen.

In Hué, der ehemaligen Kaiserstadt, die sogar zum Weltkulturerbe durch die UNESCO erklärt wurde, kamen wir nach 14 Stunden Zugfahrt von Hanoi aus an. Die Züge können nur ca. 48 km/h fahren, da die Gleise nicht mehr aushalten, außerdem gibt es nur ein Gleis überhaupt, und es wackelt tatsächlich wie in einer Achterbahn. Bei unserer Ankunft regnete es und uns wurde erklärt, dass in Zentralvietnam gerade Regenzeit wäre. Na bravo, das Wettermuster hatten wir eh noch nicht durchblickt. Da das Land so lang ist – alleine zwischen Hanoi und Ho Chi Minh City muss der Zug 1726 km überbruecken – gibt es unterschiedliche Jahreszeiten. Wir dachten vorher, das würde mit der Trockenzeit überall passen, aber so einfach ist es denn doch nicht. Egal, denn der Hai Van Pass lag vor uns mit 496 Metern Höhe und er fungiert als Wetterbarriere zwischen Norden und Süden. Noch nie haben wir uns so auf einen 10 km langen Anstieg gefreut und tatsächlich, auf der anderen Seite wurde es merklich trockener und wärmer.

Auf der Strecke kommen wir durch absolut touristische Hochburgen wie Hoi An und zum Schluss nach Nha Trang, das Touristenziel überhaupt in Vietnam. Dazwischen liegt ein Vietnam, das die meisten Besucher nur aus dem Bus oder Zug heraus sehen und da sie meistens bei Nacht fahren, sehen sie natürlich nichts. Unsere Tagesetappen von um die 120 km führen uns nicht gerade durch landschaftliche Höhepunkte, dazu ist es meistens zu flach, und auch nicht zu besonders schönen Orten. Aber wir haben nette Begegnungen mit den Menschen und werden so vertraut mit dem Reisanbau, den wir in allen Facetten kennenlernten, dass wir nach unserer Rückkehr in Deutschland mit dem Reisanbau im Nebenerwerb beginnen könnten.

Wie bei der ersten Tour werden wir bei Ortsdurchfahrten von allen Seiten begrüßt. Halten wir kurz an, um eine Banane zu essen, schauen gleich mehrere neugierige Augenpaare zu, ob wir dabei auch richtig kauen. In Restaurants werden wir von bis zu zehn Bediensteten gleichzeitig umsorgt, damit es uns auch an nichts fehlt. Natürlich wittert jeder bei uns ein gutes Geschäft. Es ist uns klar, dass wir mindestens den vierfachen Preis gegenüber den Einheimischen bezahlen und das akzeptieren wir auch, aber über den Tisch möchten wir uns nicht ziehen lassen. Manche Straßenverkäufer sind allerdings so gierig und dreist, dass wir eben nichts kaufen. Eineinhalb Liter Mineralwasser kosten normalerweise 5000 Vietnamesische Dong (VND). 18.000 VND entsprechen einem Euro, 15.600 VND einem US Dollar. Manche Händler wollen für eine Flasche 10.000 VND haben, wenn wir uns mitten im Nirgendwo befinden und die Sonne vom Himmel brennt. Nein, dann bleiben wir lieber durstig.

Kommen wir an einer Sehenswuerdigkeit, z.B. einem Tempel, vorbei, den wir besichtigen möchten, kommen Männer mit Trillerpfeifen gerannt, und tun sehr offiziell, als seien sie die Oberfahrradbewacher, die gegen Bares bestimmen, wo unsere Räder stehen müssen. Anfangs fielen wir noch darauf herein, mittlerweile gehen wir nicht mehr darauf ein. Eine von uns bleibt eh immer bei den bepackten Rädern, wozu sollen wir also noch bezahlen? Am Bahnhof in Hanoi ging ein Jugendlicher vor uns zum Zug und deutete ein bisschen mit den Armen in diverse Richtungen. Für diese hervorragende Wegweisung zum Zug verlangte er dann einen US Dollar. Wir hätten den Zug aber auch ohne seine Hilfe gefunden, da es eh nur einen Zug gab.

Ganz überrascht sind wir, als wir in einer kleinen Stadt einen englischsprechenden Wirt treffen, der uns neben einem köstlichen Essen auch noch selbstgebrannten Whisky serviert. Später kommt noch sein Freund Furl vorbei, der ungeachtet seines Aussehens ein studierter Philosoph und Schriftsteller ist, und sich mit uns über Buddha und die Welt unterhält. Er meinte, er wäre nur ein klitzekleines Staubkorn in unserem Leben, das wir morgen wieder vergessen hätten. Haben wir nicht, Furl.

Die letzten 250 km nach Nha Trang werden hügelig und damit anstrengend, dafür aber auch endlich landschaftlich besonders reizvoll. Teilweise haben wir das Gefühl, in einem übergrünen Märchenwunderland mit tausenden von Bergen, hinter denen Schneewittchen zuhause sein könnte, zu radeln. Der Höhepunkt ist dann die längste Tagesetappe von 125 Kilometern, die an einer atemberaubenden Küstenlandschaft entlang führt.

In Nha Trang sind wieder Langnasen unterwegs und das heisst für uns, es gibt Frühstueck nach unserem Geschmack: Brot, Eier und Kaffee anstelle von Nudelsuppe. Das haben wir bis jetzt noch nicht geschafft, ein vietnamesisches Frühstück runterzubringen mit schwimmenden Hähnchenteilen in der Suppe, nachdem die Hühner vorher noch am Motorrad an ihren Füßen baumelnd an uns vorbeigefahren wurden. Mal sehen, ob uns das noch gelingt, ein paar Tage sind wir ja noch hier.

Viele Gruesse aus Saigon, hier sind wir gerade auf dem Weg ins Mekong Delta,

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