Hallo,
wir sind wieder da, haben alles überlebt, überstanden, Räder sind heil angekommen, Gepäck auch und die Waschmaschine läuft auf Hochtouren. Sie wird aufgrund des vielen Staubs wahrscheinlich an Asthma leiden nach dem Waschmarathon. Und da drüben, in Hanoi, Saigon, Nha Trang und überhaupt, da geht es weiter mit Lautstärke, Leben auf der Straße, Gewimmel und Gewühl, als wäre nichts gewesen. Hier dagegen ist es fast schon bedrückend still. Kein Hupen auf den Straßen, kaum Mopeds, jeder fährt rechts und hält an der Ampel bei Rot auch tatsächlich an. Ob wir hier je wieder radfahren können?
Von Nha Trang aus nahmen wir den Zug nach Ho Chi Minh City, die Innenstadt davon wird auch heute noch Saigon genannt. In unserem Reiseführer wurde gewarnt, es gäbe viel Kriminalität in Saigon, noch mehr Verkehr, mehr Menschen, mehr Gewühl (Ist das überhaupt möglich?) und eigentlich wäre es fast schon schrecklich. Wir dachten daran, Saigon links liegen zu lassen, gleich ins Mekong Delta abzubiegen und erst kurz vor dem Rückflug auf dem Flughafen zu erscheinen. Glücklicherweise haben wir es nicht gemacht, wir hätten Vietnam sonst nur zur Hälfte gesehen. Generell können wir Vietnam nur bescheinigen, ein sehr sicheres Reiseland zu sein. Wir hatten zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass uns irgendjemand etwas unrechtmäßig entwenden wollte. Sie wollten alle unser Geld, keine Frage, aber das auf dem legalen Weg durch Verkauf von Waren. Obwohl manche Menschen bettelarm sind und unsere teure Ausrüstung bewundernd angestarrt haben, Neid, Missgunst und daraus erwachsend das Gefühl, gleich bestohlen zu werden, haben wir nie erfahren.
Der Vergleich zwischen Hanoi im Norden und Saigon im Süden zeigt immer noch, oder vielleicht wieder, dass der Süden weitaus reicher ist als der Norden. Das war schon zu Zeiten vor dem Amerikakrieg so (so wird der Vietnamkrieg in Vietnam genannt) und es ist auch jetzt wieder so. Wir sehen hier viel größere, schöne Häuser, mehr Autos und Mopeds im Gegensatz zu Fahrrädern und viel weniger Menschen, die auf der Straße leben, das tragen, was sie besitzen, auch die Waren, die sie verkaufen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Um das Mekong Delta zu sehen, bleiben uns nur drei Tage. Zu kurz, um es mit dem Fahrrad zu machen, denn um dorthin zu gelangen, ein bisschen mehr ins Herz des Deltas nach Cantho und nicht dorthin, wo alle Touristen von Saigon aus hinfahren, sind es 170 km. Alleine dafür bräuchten wir zwei Radeltage. Also mieten wir ein Moped, mit dem das Gros der Vietnamesen unterwegs ist, um diese Fahrweise einmal auszuprobieren. Wir werden es nie wieder tun. Mein lieber Scholly, war das Teil unbequem. Wir zu zweit plus Rucksack quer daraufgeschnallt, hatten wir kaum Platz. Die Vietnamesen schaffen es, diese Teile mit allem möglichen Kram zu bepacken und auch noch Kleinfamilien zu transportieren, aber irgendwie scheinen sie deutlich schlankere Hüften oder so zu haben. Durchschnittlich 45 km/h haben wir geschafft, du kannst dir ausrechnen, wie lange wir unterwegs waren. Trotzdem war es schneller als mit dem Rad und die Landschaft war flach und nicht berauschend.
Das Mekong Delta muss man vom Boot aus erleben und das haben wir gemacht. Sieben Stunden waren wir mit Dinh alleine in einem Ruderboot, das auch mit einem Motor betrieben werden konnte, unterwegs. Sie navigierte uns zu zwei schwimmenden Märkten und durch kleine und große Flussarme mit einer Sicherheit, das war unglaublich. Hätte sie uns zwischendurch ausgesetzt, wir wären jetzt noch dort, so verwirrend ist diese wasserdominierende Landschaft aufgebaut.
In aller Herrgottsfrühe, noch vor Sonnenuntergang, ging es los. Beate, die Aufstehen jeden Morgen eh als eine persönliche Bestrafung empfindet, musste sich schwer anstrengen, um überhaupt mitgenommen zu werden. Die schwimmenden Märkte haben zwischen 6.00 und 8.00 Uhr Hochkonjunktur. Wer später kommt, kann nur noch schlafende Hängematten-Vietnamesen erleben.
Bei den schwimmenden Märkten herrscht das Gewühl, das normalerweise auf den Straßen stattfindet. Wenn man nicht genau hinschauen würde, es wäre kaum ersichtlich, dass sich die Menschen auf schwimmenden Untergründen bewegen. Es wird gehandelt, gefeilscht, Waren wandern von einem Boot zum nächsten, es wird geschlafen in Hängematten, gegessen und noch mal gegessen. Im Essen sind die Vietnamesen eh Weltmeister, und dabei so dünn! Das muss an der permanenten Reisdiät liegen.
Vier kleine Mädchen entdeckten uns von ihrem Boot aus und enterten uns wie die Piraten. Langnasige Mädchens, das war wohl etwas besonderes. Schwupps, saßen sie im Boot, auf Beate drauf und priesen ihre gerade gefangene Heuschrecke zum Kauf an.
Danach ging es durch kleine und große Flussarme und wir konnten erleben, wie dort das Leben im, am und auf dem Fluss stattfindet. Kleine Hütten, teilweise dem Untergang näher als dem Überleben, beherbergen ganze Familien, die sich und ihre Kleider im Fluss waschen, ihre Waren auf dem Fluss transportieren, Fische fangen, wackelige Holzbrücken überqueren und sich einfach des Lebens freuen. Teilweise war es schon beschaulich, dieses Leben am Fluss und hätten wir mehr Zeit gehabt, wir wären gerne ein paar Tage in einer solchen Hütte geblieben. Eine himmlische Ruhe, die nur manchmal von einem lärmenden Bootsmotor unterbrochen wurde. Und die Kokosnusspalmen und Bananenbäume, es war traumhaft und sah aus wie bei Indiana Jones.
Nach dieser Idylle ging es wieder zurück nach Saigon. Noch zwei Tage dort und es war Zeit, alles für den Rückflug einzupacken. Nach einem Stopp in Seoul sind wir also gut in Frankfurt gelandet. Die kostenlose Radmitnahme mit Korean Air hat wunderbar funktioniert.