Bericht 25: Rotorua – Whanganui, Neuseeland – 26. November 2001
Hallo,
da sitzen wir wieder, schreiben unseren Bericht und sind heilfroh, endlich mal zu sitzen. Hier ist so viel los, wir hüpfen von einer sportlichen Aktivität zur nächsten. Nicht genug, dass wir radeln wie die Weltmeister, berghoch und bergrunter, nein, wir müssen auch noch große Wanderungen und Paddelabenteuer überstehen. Wir sind schon arm dran :-))
Von Rotorua aus haben wir die Buried Village besichtigt. Bei einem großen Vulkanausbruch 1886 wurde die ganze Stadt komplett verschüttet und die weltberühmten weißen und pinkfarbenen Terrassen, ein „Naturwunder“ aufgrund der geothermischen Aktivität, zerstört. Auf dem Weg nach Taupo kamen wir bei „Thermal Wonderland“ vorbei. Das ist ein großes Gebiet mit farbenfrohen, heißen und zischenden Kratern, die wir für 15 Dollar pro Person besichtigen durften.
In Taupo gab es die „Craters of the Moon“, so etwas ähnliches wie „Thermal Wonderland“, aber kostenlos, und noch die Aratiata Rapids. Da es hier so viel Wasser gibt, gewinnen die Neuseeländer ihren Strom aus Wasserkraft. Der Fluss Waikato z.B. wird gestaut und sein sehr enges Flusstal ist dadurch fast leer. Alle zwei Stunden werden die Tore aufgemacht und das ganze gestaute Wasser bahnt sich auf einen Schlag seinen Weg. Für eine halbe Stunde ist das Flusstal dann wieder mit Wasser gefüllt.
Von Turangi aus haben wir die Wanderung „Tongariro Crossing“ gemacht. Überall wird diese Wanderung als die schönste Eintageswanderung Neuseelands gepriesen. Die Strecke ist 17 km lang, man steigt von 1000 m Höhe auf 1900 m, durchquert drei Krater, kommt an wunderschönen Bergseen vorbei und braucht jede Menge zu essen, trinken und Sonnenmilch. Auf die Sonnenmilch konnten wir an unserem Wandertag getrost verzichten. Das Wetter war so hundemiserabel, regnerisch und nebelig, dass wir gerade mal 20 m weit sehen konnten. Also keine schöne Aussicht. Richtig abenteuerlich wurde es jedoch durch den Wind. Der Wind kam so stark von der Seite, dass wir die schönen Bergseen vom Krater aus nicht nur besichtigen, sondern fast auch hautnah erfahren konnten, weil es uns fast hineingeblasen hat. Teilweise war uns so zumute, dass wir am liebsten auf allen Vieren weitermarschiert wären. Ein paar wenige Felsen boten kurze Zeit Schutz vor dem überwältigenden Wind, doch alle anderen Wanderer saßen da schon, so dass für uns kein Platz mehr war. Also sind wir tapfer weitermarschiert und haben nur gehofft, dass es bald zu Ende geht.
Weil das alles noch nicht abenteuerlich genug war, wollten wir ein Stück des Wegs mit dem Kanu zurücklegen. Den wunderschönen Whanganui Nationalpark kann man nur mit dem Kanu oder auf zwei Mehrtageswanderungen erleben. Ein Kanu zu mieten hier ist nicht besonders teuer und die Räder werden auch noch transportiert. Also buchten wir für die Strecke Taumarunui bis Pipiriki ein Kanu (drei Tage), haben unser Hab und Gut in vier wasserdichte Behälter geladen, für drei Tage eingekauft und los ging’s. Die Natur wollte uns ein besonderes Erlebnis bescheren, nämlich den Fluss Whanganui menschenleer zu erleben. Also regnete es, was vom Himmel kommen konnte. Wasser oben, Wasser unten und Wasser in der Mitte. Das enge Flusstal ist rechts und links mit Regenwald bestückt und sieht wunderschön aus. Auch bei Regen. Durch das viele Wasser kamen hunderte von kleinen und großen Wasserfällen die steilen Wände herunter gestürzt. Wir als Wasserfallfans waren begeistert.
Übernachtet wird in Hütten. Das Anlegen des Boots war ein bisschen schwierig, da der hohe Wasserstand eventuell vorhandene Landungsstege komplett verdeckte. Dann trägt man alles zur Hütte hinauf, wo es Gaskocher und manchmal sogar einen Gasofen gibt. Wir hatten die erste Hütte für uns alleine, nur die wilden Ziegen und die Possums, die des Nachts über das Dach liefen, waren auch noch da. Ansonsten nur absolute Wildnis.
Ein besonderes Erlebnis ist normalerweise die zweite Übernachtung in Tieke Marae. Ein Marae ist ein Maori-Dorf. Um das Marae zu betreten, bedarf es einer besonderen Zeremonie. Man muss am Landungssteg warten, bis ein Maori kommt und einen begrüsst. Dann wird man ins Marae gebeten, bekommt einen Sitzplatz zugewiesen und der „Chief“ hält eine Begrüßungsrede. Danach wird noch ein Begrüßungslied gesungen. Von den Gästen muss einer auch eine Rede halten und vielleicht auch noch singen. Wäre es zu diesem Part gekommen und Beate wäre mit Singen dran gewesen, wäre das Marae schlagartig leer geworden. In unserem Falle war es das leider so schon. Zur Zeit wird dort gerade renoviert und die Maori sind nicht vor Ort. Wir wussten das jedoch nicht so genau. Als wir ankamen, regnete es gerade furchtbar und uns war unheimlich kalt. Also schenkten wir uns die Wartezeit am Landungssteg. Es kam ja eh keiner. Dann gingen wir in das Marae hinein, wo uns am Eingangstor ein unglaublich gefährlich aussehendes Gebiss begrüsste. Glücklicherweise weilt der Besitzer des Gebisses nicht mehr unter den Lebenden.
In der Hütte für die Kanuisten sah es fürchterlich aus. Die Matratzen in den Stockbetten haben schon bessere Zeiten gesehen und zeigten Spuren von Mäusebevölkerung. Überall standen alte Tische und Stühle herum und es war einfach nicht gemütlich. Ein Schild befahl, die Hütte ohne Schuhe zu betreten. Also saßen wir da mit kalten Füßen und harrten der Dinge, die da nicht passierten. Als dann auch noch eine Maus ihre Runden drehte und wir uns vorstellten, auf dem Boden zu schlafen mit einer huschenden Maus, die unsere Augenbrauen inspiziert, haben wir unser Hilleberg-Zelt aufgebaut und es uns darin gemütlich gemacht.
Nach dem Flussabenteuer sind wir in der Zivilisation von Wanganui gelandet. Die 40.000-Einwohner-Stadt liegt an der Mündung des Flusses Whanganui in die Tasmanische See. Unsere weitere Route wird uns nun nach Wellington führen, der Hauptstadt Neuseelands. Dann geht es mit der Fähre auf die Südinsel, zu den Gletschern, Bergen und Fjorden.
Bis zum nächsten Mal,
Beate und Carol