Bericht 14: Calgary, Alberta, Kanada – 1. Juli 2001
Hi,
es gibt uns noch. Wir waren nur eine Woche lang von der Oberfläche verschwunden, weil wir Urlaub gemacht haben. Ja, Du hörst richtig, Urlaub von der Fahrrad-Weltreise sozusagen. Wir sind am 20. Juni in Los Angeles (USA) gelandet und hatten für eine Woche ein Auto gemietet, um die Nationalparks im „Landesinneren“ zu besuchen. Unsere Beine brauchten dringend eine Pause und außerdem wollten wir sicherstellen, dass wir das Autofahren nicht verlernen. Also, wir können es noch.
Wir haben ganz schön viel gesehen in dieser Woche in Kalifornien, Utah und Arizona: Sequoia Nationalpark (NP), Kings Canyon NP, Yosemite NP, Mono Lake, Geisterstadt Bodie, Death Valley NP, Zion NP, Grand Canyon NP und Joshua Tree NP. Wir wollten das Auto optimal ausnutzen und sind in dieser Woche über 3000 km gefahren, soviel wie in den letzten drei Monaten mit dem Rad. Und gut, dass wir das nicht mit dem Rad fahren mussten. Es war unglaublich warm und auch sehr, sehr bergig. Wir haben mehrmals auf über 2000 m gezeltet, waren in Death Valley bei 46 ° C im Schatten unterwegs und auch in Kalifornien wurde es uns nie kalt.
Die Nationalparks sind alle etwas sehr Besonderes. Wir haben Wüsten, Berge, Canyons, Salzseen, Wasserfälle, Geisterstädte und Bergflüsse gesehen, alles ziemlich nah beieinander. Zumindest für amerikanische Verhältnisse. Ein paar hundert Kilometer sind hier ja nichts.
Die Landschaft zwischen den Parks ist nicht besonders erwähnenswert und schöne Städte haben wir auch keine gefunden. Aber sobald man das Tor zum Nationalpark passiert, ist man in einer anderen Welt. Seit einigen Jahren gibt es den Kombipass für $ 50, mit dem man alle Nationalparks in den USA besuchen kann. Den haben wir uns sofort zugelegt.
Die Campingplätze in den Parks sind traumhaft gelegen und sehr einfach ausgestattet. So gibt es z.B. keine Duschmöglichkeit. Da es so warm war und schon um 21 Uhr stockdunkel, haben wir unseren Ortlieb-Wasserbeutel gefüllt, an einen Baum gehängt und so geduscht. In Death Valley bei über 40 ° C eine wunderbare Erfrischung.
Death Valley ist übrigens überhaupt kein „totes Tal“. Was da in der Nacht die Kojoten geheult haben, da wurde es uns ganz anders. Der Wind in den Bäumen hat ein übriges dazu getan. Dann noch ein traumhafter Sternenhimmel. Und um 5 Uhr gab es im Zelt schon Saunatemperatur. Da stehst du gerne auf und hast so einen schönen langen Tag vor dir. Schön, dass die amerikanischen Autos eine Klimaanlage haben. Da wären wir mit unseren Rädern ganz schön aufgeschmissen gewesen!
Überhaupt wurde es uns ganz anders, als wir so durch Amerikas Westen gefahren sind und das ganze mit „Radfahreraugen“ gesehen haben. Unglaubliche Entfernungen und kilometerweit keine Spur von Zivilisation. Wir konnten uns überhaupt nicht vorstellen, hier mit dem Rad unterwegs zu sein. Doch mit genügend Proviant und Wasser wird es schon möglich sein.
Am 28. Juni sind wir von Los Angeles nach Calgary geflogen und gewöhnen uns jetzt langsam wieder ans Radfahren. Die schöne bequeme Woche mit dem Mietauto ist vorbei. Unser Campingplatz liegt 20 km von der Innenstadt weg und so haben wir Gelegenheit genug, durch die Gegend zu radeln. Heute ist hier ein großer Feiertag, der Canada Day. Da soll es ein großes Fest geben, wo wir unbedingt hingehen möchten. Dann werden wir uns die Umgebung von Calgary anschauen und versuchen, zur Stampede in Calgary in der zweiten Juliwoche wiederzukommen. Die Calgary Stampede ist eine Art Ausstellung mit Tierwettbewerben, Rodeo, Planwagenfahren usw.
Nach der Stampede wollen wir die Rocky Mountains überqueren und einige Zeit in den Nationalparks Banff und Jasper verbringen. Deshalb könnte es sein, dass unsere Berichterstattung etwas weniger häufig als in der Vergangenheit zustande kommt. Mal sehen, wo wir überall Telefonanschlüsse finden werden. Die Bären werden wohl alle Handys haben und so ist mit Telefonanschlüssen an Bäumen nicht zu rechnen.
Viele Grüße,
Beate und Carol