Bericht Nr. 08: Sahagun (Jakobsweg, Spanien) – 10. Mai 2001
Hallo,
die erste Möglichkeit, überhaupt Mails zu verschicken und die Homepage zu aktualisieren haben wir in Sahagun, einer 1000 Einwohner zählenden Kleinstadt gefunden. Bei Studium, einem kleinen Laden mit Allerlei und auch einigen PCs sind wir endlich fündig geworden. Und so wie es aussieht, wird es auch die einzige Möglichkeit bleiben. Spanien ist, wir müssen es leider so direkt sagen, internetmäßig absolut unterentwickelt (Stand 2001). Private Telefone haben wir bis jetzt noch nicht gesehen. Überall in den Bars, den Pilgerherbergen und auf den Campingplätzen gibt es nur öffentliche Fernsprecher, an die wir leider den Laptop nicht anschließen können. Außerdem wird hier nur Spanisch gesprochen, was wir leider nicht beherrschen. Selbst in den Touristenbüros gibt es keine Menschen, die wenigstens rudimentär Englisch sprechen würden.
Auch sonst haben wir wenig positive Neuigkeiten zu berichten. Das Wetter war teilweise katastrophal, so um die 6° C, mit Gegenwind und Regen. Mittlerweile wird es tagsüber für einige Stunden warm und dann kommt ein Gewitter mit Regenguss.
Der Pilgerweg „Camino de Santiago“ ist auf der Originalroute für Radfahrer ziemlich ungeeignet. Deshalb fahren wir die Alternativroute. Aber da befinden wir uns fast ausschließlich auf der Landstraße mit teilweise viel Verkehr, so dass wir von Glück sagen können, wenn uns die LKWs am Leben lassen. Außerdem ist es hier unglaublich bergig, was ziemlich auf die Kondition geht. Mit unseren heftig beladenen Rädern kein Zuckerschlecken.
Die Infrastruktur ist auch nur mäßig. Manche kleine Dörfer haben außer Kirche und einigen Häusern mit Hunden nichts anzubieten. Außer den Refugios, den Pilgerherbergen, die sehr günstig oder sogar kostenlos sind, gibt es noch wenige Hotels oder Gaststätten, Hostals genannt. Die Pilgerherbergen sind sehr, sehr einfach gehalten und du kannst es dir als Jugendherberge für Erwachsene vorstellen. Es ist schön, Kontakt zu den anderen Pilgern zu bekommen, aber wenn ein schnarchender Mensch im Schlafsaal liegt, bekommt es eben die ganze Mannschaft dort auch mit. Wir können von Glück sagen, dass wir ein Zelt mithaben und manchmal hinter dem Refugio das Zelt aufbauen können. Immer geht das allerdings nicht. Die Campingplätze sind dünn gesät bzw. weit weg vom Jakobsweg. Und bei diesen Bergen hier ist jeder weitere Kilometer ein Kilometer zuviel.
Wir können den Jakobsweg von der Atmosphäre unter den Pilgern und teilweise auch von der Landschaft her empfehlen. Die Intentionen der einzelnen Pilger, den Jakobsweg zu gehen, sind sehr vielfältig. Wir haben Menschen mit vielen Sorgen zuhause getroffen, die einfach nur abschalten und nachdenken möchten. Wir haben aber auch Menschen getroffen, die gerade eine schlimme Krankheit diagnostiziert bekamen und sich von einer Pilgerreise Besserung oder sogar Heilung erhoffen. Andere erhoffen sich vielleicht auch nur Wanderung in einer schönen Gegend und günstige Übernachtungsmöglichkeiten. Die gibt es in den Refugios auf jeden Fall. Aber nicht immer bekommt man ein Bett. Gerade auf der Anfangsstrecke ab Pamplona war ein regelrechtes Wettrennen um ein freies Bett in einem der Refugios angesagt. Da gewinnt derjenige, der am schnellsten laufen kann. Wir haben es erlebt, dass manche Pilger schon morgens um 6 Uhr das Refugio verlassen, um rechtzeitig in dem nächsten Refugio anzukommen und ein Bett zu bekommen. Das bedeutet dann Marschieren von 20-25 km in einigen Stunden.
Der Ablauf in den Refugios ist so, dass man in den frühen Nachmittagsstunden ankommt, sein Bett bezieht und vielleicht eine warme Dusche bekommt. Abends kann man, falls eine Küche vorhanden ist und man Lebensmittel bekommen hat, sogar etwas kochen. Um 22 Uhr ist Schlafenszeit. Da wird gnadenlos das Licht ausgemacht und das Refugio abgeschlossen. Vor 8 Uhr am nächsten Morgen muss man wieder draußen sein. Wenn man da kein Frühaufsteher ist, hat man Pech gehabt.
Es ist also ein besonderes Leben auf einem solchen Pilgerweg. Wahrscheinlich muss das so sein. Es gibt viele Pilger hier, die den Jakobsweg bereits zum wiederholten Male machen und es als außergewöhnliches Erlebnis beschreiben. Uns geht es so nicht, aber das hat wahrscheinlich mit dem Radfahren zu tun. Ein Pilgerweg sollte wirklich zu Fuss bewältigt werden.
Einen weiteren Newsletter aus Spanien wird es höchstwahrscheinlich nicht geben. Wir haben leider wirklich keine Möglichkeiten, den Laptop an eine Telefonleitung anzuschließen. Also verabschieden wir uns bis Ende Mai, und hoffen auf bessere Uploadmöglichkeiten in Irland.
Viele Grüße,
Beate und Carol
P.S.: Auf meiner neuen Seite www.pilgerwissen.de gebe ich übrigens jede Menge Hilfe und Tipps, falls Sie selber einen Jakobsweg gehen oder einfach sonst pilgern möchten. Und eine interaktive Packliste zum generieren gibt es dort auch.