Bericht 11: Ballyhooley (County Cork), Irland – 31. Mai 2001
Guten Tag aus dem sonnigen Irland!
Hier ist ein Wetter, das ist kaum zum Aushalten, so gut. Dann noch freundliche Menschen, super Landschaft und selbst die Kühe und Schafe machen freundliche Gesichter, wenn wir vorbeiradeln. Das ist doch klasse, nicht? Wir können unser Glück selbst kaum fassen.
Irland ist ein wunderbares Land, wirklich. Wir haben bis jetzt die Westküste noch nicht gesehen, die ja angeblich die schönste Ecke überhaupt sein soll. Und trotzdem sind wir schon begeistert. Kurz nach Dublin kamen wir schon in die Wicklow Mountains. Natur pur, kaum Autofahrer, und schöne kleine Hügel, wie gemacht für weltreisende Radfahrer wie uns.
Bei Wexford besuchen wir den Irish National Heritage Park, damit wir etwas über die Vergangenheit Irlands kennen lernen können (und ein bisschen die müden Radlerbeine ausruhen können). „Reisen bildet ja“, aber nur, wenn wir auch ab und zu von unseren Rädern absteigen ;-).
Jeder Mensch, dem wir begegnen, hält ein freundliches Hallo, ein Winken oder sogar ein kurzes Gespräch für uns bereit. Wir stehen keine fünf Sekunden an einer Straßenkreuzung und studieren die Karte, halten die Leute an und fragen, ob sie weiterhelfen können. Vorhin standen wir an einem Gästehaus, weil wir nach Bed & Breakfast Ausschau hielten. Hier im Süden gibt es nicht so viele Campingplätze und nach der letzten Nacht in der „wilden“ Natur suchten wir dringend eine Dusche. Das Gästehaus sah ziemlich geschlossen aus, zumindest hat auf unser Klingeln niemand geantwortet. Hält doch eine Autofahrerin an und bietet sich an, für uns die Telefonnummer des Gästehauses mit ihrem Handy anzurufen. Das ist doch eine unglaubliche Freundlichkeit, nicht?
Die letzte Nacht haben wir an einem einsamen See inmitten der Berge verbracht. Campingplatz gab es nicht, wir wollten nicht mehr weiter und außerdem dachten wir, so ein bisschen Geld sparen wäre auch nicht schlecht. Der See heißt Baylough und liegt in den Knockmealdown Mountains, falls Dich der Ort interessiert. Traumhaft schön. Allerdings wurde es uns abends dann doch ein bisschen anders. So mutterseelenallein und der See gab so komische Geräusche von sich. So eine Art „Gruntsch“ machte der die ganze Zeit. Wir erwarteten jede Sekunde Nessie, die vielleicht mittlerweile aus dem nicht entfernten Schottland hierher geschwommen ist. War dann aber nicht so.
Wirkliche Ungeheuer haben sich erst beim Kochen am See gezeigt. Und zwar in Form von Midgies, den kleinen Fliegeplagegeistern, die sich so gerne in die Haare und aufs Gesicht setzen. Oh je, war das eine Plage. Wir sind den See auf- und abgerannt, in der Hoffnung, die finden uns nicht mehr. Aber denkste. Wir waren schließlich die einzigen Menschen an diesem See und somit ein gefundenes Fressen für diese kleinen Plagegeister. Irgendwann müssen die alle Midgies in dieser Gegend zusammengetrommelt haben und die haben sich, einer Staubwolke gleich, über uns hergemacht. Uns blieb nichts anderes übrig, als einsame Seeidylle sein zu lassen, alles so schnell wie möglich ins Hillebergzelt zu räumen, und dort midgiefrei weiter zu kochen.
Die Midgies hingen dann außen am Zelt, haben geklopft und sich geärgert, dass sie nicht reinkamen und wir haben uns über das eingebaute Moskitonetz gefreut. Wir ließen das Außenzelt offen, hatten das Innenzelt komplett zu und konnten durch das Moskitonetz sogar noch Seeidylle genießen.
Unsere Strecke von Dublin bis hierher war geprägt von allerlei Wetter, Landschaft in vielfältiger Form und vielen Erlebnissen. Wir kamen von Dublin über die Wicklow Mountains an der Ostküste runter bis Rosslare. Dann sind wir über Waterford im Süden über die Knockmealdown Mountains in den County Cork gefahren. Also haben wir doch wieder Berge gefunden, die es hochzuradeln gilt, und leider müssen wir feststellen, dass wir energiemäßig einen Durchhänger haben im Moment. Irgendwie stecken uns die spanischen Berge wohl noch in den Knochen. Wir haben uns deshalb vorgenommen, uns Zeit zu lassen, alles zu genießen und nicht unbedingt auf viele Kilometer zu machen. So machen wir ausgiebige Mittagspausen an schönen Bergflüssen, schauen uns in Ruhe die vielen Kirchen an und geben uns mit einem langsamen Vorankommen zufrieden.
Wir haben schon den „Irish Mist“ erlebt, also den feinen Regen, bei dem man kaum nass wird. Wir hatten auch kurze Regenschauer mit viel Wind, die sofort von Sonnenschein und Wärme abgelöst werden. Es gibt kleine, nette Ortschaften und wenig größere Städte mit Einkaufsmöglichkeit. Sehen wir einen Supermarkt, decken wir uns sofort ein mit genügend Lebensmitteln, um autark zu sein.
Heute möchten wir nach Killarney kommen, um dann die Westküste hochzuradeln. Im Moment sind wir noch unschlüssig, ob wir den Ring of Kerry überhaupt abradeln sollen. Anscheinend gibt es dort unheimlich viele Touristenbusse, die einem das Radlerleben sehr schwer machen. Laut unserem Irlandführer von Lonely Planet, der übrigens sehr empfehlenswert ist, soll die „Dingle Peninsula„, gleich neben dem Ring of Kerry, viel schöner und weitaus touristenfreier sein. Mal sehen.
Falls Du demnächst Urlaub haben solltest und noch nicht weißt, wohin Dich eine Reise führen könnte: Geh nach Irland! Es ist einfach fantastisch hier.
Viele Grüße,
Beate und Carol